In Teil 1 sagte ich, dass „Ich glaube, dass Gott mir gerne viel geben will“ und ich möchte den Grund dafür hinzufügen: ich glaube, Liebe verschenkt sich. Oft habe ich gehört, Geben ist seliger als Nehmen (Apg. 20,35). Manchmal wirkt diese Aussage dabei wie eine Einbahnstraße. Ich meine aber, dass es bei „Geben und Nehmen“ um einen Kreisel geht – und die Einfahrt in diesen Kreisel ist das Nehmen.

Wie ich eben sagte, verschenkt sich die Liebe – und besteht die großartige Botschaft unseres Glaubens nicht genau darin, dass er uns geliebt hat, als wir noch Sünder waren (Rö. 5,8)? Zuerst haben wir die Chance zu empfangen. Wir dürfen nehmen. Ebenso die Aussage: „Schmecket und sehet, wie freundlich der HERR ist. Wohl dem, der auf ihn trauet!“ (Ps. 43,9). Die Einladung Gottes an die Welt lautet, dass wir seine Freundlichkeit erleben dürfen. Seine Bedingung ist unser Vertrauen. „Aber Daniel, dann muss ich ja doch zuerst etwas tun.“ Nein, das glaube ich nicht. Ich sehe es wie ein ausgestreckter Arm, der auf meinen Handschlag wartet. Die erste Aktion ist schon getan. „Mein ist die Reaktion“ spricht der Mensch. Die Aktion initiiere ich nicht, ich mache nicht das Angebot. Ich darf mich entscheiden, das Angebot anzunehmen. Ich kann entscheiden, darauf zu vertrauen, dass die Zusage gilt, wenn ich die Hand ergreife – und dass diese Hand nicht wie in einem schlechten Witz im letzten Moment zurückschnellt und sich über den Kopf fährt, um mich dumm aussehen zu lassen. Es geht darum, dass ich vertraue, das ist Glaube.

Irgendwer muss natürlich zuerst geben. Ich glaube, dass Gott derjenige ist. Er hat unbegrenzte Ressourcen und er gibt – weil er die sich verschenkende Liebe ist – gerne und viel, denn „so hat Gott die Welt geliebt, dass er […] gab“. Wenn ich dies glaube, dann kann ich wiederum der Welt anders begegnen; in diesem Fall kann ich das Angebot weitergeben, weil ich es zuvor angenommen habe. Deshalb heißt es auch: „Wir wollen lieben, weil er uns zuerst geliebt hat“ (1.Joh. 4,19). Das ist eine Glaubens-Entscheidung. Ich glaube, dass er mich versorgt und deshalb kann ich andere versorgen, die weniger haben. Indem ich das tue, habe ich weniger, aber ich weiß ja, dass ich versorgt werde. Ich sehe dann, dass meine vertrauensvolle Reaktion an der richtigen Stelle gegeben war und dass das darauf bezogene Versprechen die richtige Annahme war. Ich darf schmecken und sehen – erleben – dass der Herr freundlich ist.

Sehr inspirierend fand ich in diesem Zusammenhang eine Freundin. Mit ihr hatte ich über das Thema gesprochen. Sie und ihre Familie haben wirklich nicht viel. Eigentlich würde sie aber wirklich gerne auch spenden. Wir kamen zu dem Schluss, dass sie einen kleinen Betrag spenden könne und wenn der Betrag am Ende des Monats tatsächlich fehlen sollte, dass ich ihn ersetzen würde. Die Pointe blieb aber zunächst aus. Stattdessen kamen unerwartete Rechnungen und ein kaputtes Auto. „Gott, jetzt vertraue ich dir schon und dann DAS?“ Witzigerweise fehlte der gespendete Betrag trotzdem nicht am Monatsende. Diese Freundin berichtete davon, dass u.a. plötzlich Briefumschläge mit anonymen Geldgeschenken im Briefkasten lagen oder aus dem Kreis der Bekannten einfach Menschen ankamen, um zu helfen und in einer schwierigen Zeit beizustehen. Im selben Atemzug sagt sie, dass sie sich wünscht, bald in einer Lage zu sein, wo sie endlich wieder viel mehr spenden kann.

An dieser Stelle ist mir die Bemerkung wichtig, dass Glaube nie eine Formel ist. In diesem Fall und ich vielen weiteren, von denen ich über die Jahre gehört habe, hat es aber funktioniert; das Vertrauen hat sich gelohnt. Ein weiterer Hinweis, wo es geht und wo nicht, findet sich in 2.Kor. 9: „So soll jeder für sich selbst entscheiden, wie viel er geben will, und zwar freiwillig und nicht aus Pflichtgefühl. Denn Gott liebt den, der fröhlich gibt.“ Dass diesem Satz das Prinzip von Saat und Ernte a lá „viel bringt viel“ vorangestellt ist, platziert uns natürlich direkt wieder an der Schwelle des Wohlstandsevangeliums. Deshalb ist mir aber auch der Segenskreisel so wichtig: Wenn ich oben also meinte, „die Einfahrt in diesen Kreisel ist das Nehmen“, dann muss ich dem hinzufügen, dass bei diesem Nehmen etwas im Herzen passiert; es ist voller Dankbarkeit, erkennt den Segen, der einem selbst zuteilgeworden ist, und verbreitet ihn weiter, wodurch andere durch ein eben solches Erlebnis die dringend gebrauchte Veränderung erhalten. Das ist der Kreisel, von dem ich spreche, der mit dem Annehmen beginnt. Und ich denke, dass auch Paulus dies voraussetzt, wenn er vorschlägt, dass jeder für sich die Summe entscheiden muss und sie möglichst da verortet, wo die Gabe von Freude begleitet wird – denn, wenn es nicht darum geht, ganz egoistisch mehr zu erhalten, wer kann geben, ohne dankbar zu sein? Ohne Dankbarkeit wäre der Mensch doch in der dem Kreisel widersprechenden Nehmen-Einbahnstraße gefangen. Dass diese nicht gewollt ist, sehen wir ja beispielsweise im Gleichnis vom Schalksknecht (Mt. 18,21-35). Ein Punkt, der hier also erwähnt werden muss, ist die Dankbarkeit. Ich darf immer ansehen, was ich habe und dankbar sein. Das hilft nicht nur psychologisch, sondern auch, um ein für alle Mal zu verstehen, dass ich wirklich gar nichts – nochmal: Wirklich. Gar. Nichts. – geben könnte, wenn ich nicht irgendetwas bereits hätte. Wir sind auf diese Welt gekommen, ohne irgendetwas zu haben. Wenn wir jetzt Dinge haben, dann dürfen wir uns auch daran erinnern, dass all unser Besitz hierbleiben wird, wenn wir sterben. Wir können nichts mitnehmen. „Lehre uns bedenken, dass wir sterben müssen, auf dass wir klug werden“ heißt es in Ps. 90,12. Von diesem Punkt aus denkend können wir doch ziemlich freigiebig sein.

Ich bin kein Besitzer, sondern ein Verwalter. Wenn ich sterben werde, ohne Reichtum, dann sollte ich mich auf das konzentrieren, was wirklich zählt. Was zählt wirklich? Gott geht es um Menschen! Wie will ich also einsetzen, was mir zum Verwalten gegeben ist? Ich will mir Freunde damit machen (Lk. 16,9), denn „Ein guter Ruf ist köstlicher als großer Reichtum und Ansehen besser als Silber und Gold“ (Spr. 22,1). Ich denke, wenn ich so lebe, bin ich ein gutes Zeugnis – was ich habe, ist bereits das Erleben der Freundlichkeit des Herrn, die ich selbst wiederum als Salz (schmecket) und Licht (sehet) in die Welt widerspiegele, „damit sie [meine] guten Werke sehen und [meinen] Vater im Himmel preisen“ (Mt. 5,13-16).

Ein letzter Punkt schließt sich für mich hier logisch an. Es ist ein Punkt, den ich schon auf mehreren Ebenen behandelt habe, aber die Perspektive wechselt nochmal die Richtung: Wenn jemand mir etwas gibt, dann liegt es daran, dass die Person etwas hat, das sie mir geben kann. Unabhängig davon, ob wir danach gleich viel haben oder es immer noch eine Ungleichheit gibt, ist es ein Grund zur Freude, dass die Person überhaupt etwas hat, dass sie teilen kann. Wenn ich mich nicht freuen kann, dass ein anderer dies und jenes hat, verpasse ich viel Freude, Gemeinschaft und Lernmöglichkeit – und schlimmer noch: wo Dankbarkeit fehlt, macht sich Neid, Missgunst und Bitterkeit breit.

Praktische Herausforderungen:

  • Ich kann ohnehin nur geben, was ich bekommen habe. (Gedankengrundlage)
  • Ich will für den Segen dankbar sein, der mit zuteilwird. (mir gönnen)
  • Ich will andere an diesem Segen Anteil haben lassen („nach unten“ gönnen)
  • Ich will mich am Segen freuen, der anderen zuteilwird („noch oben“ gönnen)

Kannst du mit der Idee des Segenskreislaufes etwas anfangen? Im nächsten Teil geht es dann um Neid und derlei destruktive Dinge. Bin gespannt, was du dazu denkst!

5 Meinungen zu “Gott & Geld | Teil 2 | Der Segenskreislauf

  1. Es fasziniert mich dieses Konzept, dass ich in dem Maß geben kann, in dem ich mich beschenkt weiß/empfinde. Ein Geben darüber hinaus ist nicht vorgesehen, weil es nicht geht, bzw. auslaugt.
    Und folgender Gedanke fasziniert mich auch: Gott beschenkt Menschen und generiert dadurch einen Überfluss in der Welt, der eine Kettenreaktion des Segens nach sich ziehen muss. Rein physikalisch. Beginnen kann das nur bei den Beschenkten durch die Realisierung ihres Beschenktseins. Also wäre das der Fokus, der alles andere mit sich bringt. Fokus auf Geben ist nicht der erste Schritt, so wie du geschrieben hast. Dass ich es grad nochmal so hinschreib, hilft in erster Linie mir. Danke für deinen Blog!

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