Come to the dark side – we have coockies…
– das Internet

 

Ein Angebot, dass ich nicht ablehnen kann

Schon seit längerem hatte ich kein MMO mehr gespielt und hatte auch nicht speziell auf dem Schirm, wieder einzusteigen, aber als ich feierlich von meinem Kumpel Ben gefragt wurde: „Daniel, willst du mit mir Star Wars – The Old Republic spielen?“ stieg ich natürlich mit ein: „JA, ich will!“

Zu Star Wars verbindet mich eine tiefe Liebe. Sicherlich bin ich nicht der krasseste Fanboy, aber immerhin habe ich jeden der 6 Teile (blablabla, 7-9 lasse ich hier mal raus) schon 12+ mal gesehen, aber ich erinnere mich noch sehr gut an das erste Mal. Teil 4. Teil 5. Teil 6. Dann 1 und 2 und schließlich im zarten Alter von 13 Jahren mit Papa ins Kino – Teil 3! Wow, was ein fulminantes Abenteuer!
Ich habe mir schon so oft vorgestellt, dass es die Macht tatsächlich gibt und ich so beispielsweise im Winter nicht nochmal aus der kuscheligen Decke in die Kälte muss, weil ich klugerweise meinen warmen Kakao außer Reichweite stehen gelassen habe. Und das natürlich genau dann, wenn ich endlich, nach schier endloser Arbeit, die perfekte, bequemste Sitzposition gefunden habe, die ich garantiert nicht nochmal finden werde und ich außerdem auch wirklich viel zu fertig bin, um jetzt nochmal aufzustehen.

Ein weisses gewand mit dunklen flecken

„Jedi oder Sith?“, ich wache aus meinem Tagtraum auf und überlege kurz: „Jedi, weil sicherlich alle lieber die Sith spielen…“. Wie auch immer du diese Begründung einstufst bleibt dir völlig überlassen, wir fangen auf jeden Fall als Jedi an.

„Zusammen die Galaxie retten“ heißt unser Auftrag, denn darum geht es ja in diesem Spiel.

Also legen wir los – es wirkt alles sehr freundlich und wir können unseren Mitmenschen helfen, werden vor Hochmut gewarnt, dürfen für Recht und Ordnung sorgen und uns für die Schwachen einsetzen.

Recht bald bemerke ich, dass es „schwierig“ ist, helle Punkte zu sammeln, also zum Beispiel Gnade walten zu lassen und mich für andere aufzuopfern. So kommt es dann auch dazu, dass wir einem Siedlungsbewohner, dem wir gerade geholfen haben, nun sagen, dass wir seinen Rachefeldzug nicht unterstützen und er mit Konsequenzen zu rechnen hat, wenn er etwas unternehmen sollte. Grundsätzlich nichts Wildes und wir kennen das aus unserer RL-Gesellschaft ja auch so – zumindest das Grundprinzip…naja, wie auch immer. Unsere erste Spielesession beenden wir auf LVL 10 und sind recht zufrieden mit dem Spiel.

Sinneswandel

Aber irgendetwas nervt mich. Mein Gefühl beim Schlafengehen gleicht dem, welches ich nach einem Tag habe, an dem ich mich, meine Zeit und meine Energie aufgeopfert habe, um jemandem beim Umzug zu helfen. Aber leider waren nur anstrengende Leute da und obwohl man Gutes tun wollte war man aus irgendeinem Grund der Buhmann. Vielleicht ist etwas kaputt gegangen, es gab Missverständnisse oder sonst irgendetwas – es war auf jeden Fall so unglaublich anstrengend und ich bin froh, jetzt im Bett zu liegen. Aber ich habe doch lediglich ein Spiel gespielt?

Während ich noch über diese gnadenlose Übertreibung schmunzle, fallen mir zwei Dinge auf, die mich stören:

  1. Auf das Spiel hatte ich mich gefreut, um nostalgisch in die geliebte, weit entfernte Galaxis einzutauchen.
  2. Obwohl ich den Werten der Jedis zusage, missfällt es mir, dass Leidenschaft im Jedikodex generell negativ gesehen wird.

Wie ich das ändern kann? Meiner schnell aufgestellten Theorie zufolge müsste es viel leichter sein, dunkle Punkte zu verdienen. Während ich mir einen Cookie in die Kauleiste ramme, beschließe ich, am nächsten Tag einen Sith anzufangen, da ich wirklich keinen dunklen Jedi spielen will. Zähne putzen – Licht aus.

Ein Sith muss her!

Der nächste Morgen – gedacht, getan: Das Spiel startet in einer roten Ödnis und mein erstes Gespräch suggeriert mir, mich unterzuordnen. Mein Gesprächspartner wirkt düster und weist mich darauf hin, dass jegliches Versagen mit dem Tod bestraft wird. Das Spiel baut Druck auf und wirkt so viel kraftvoller als den Tag zuvor – ENDLICH! Es wird ernst, ich darf nicht versagen, ich muss mein Bestes geben.

Bei diesem Spiel geht es doch ohnehin nur darum, meinen Charakter zu leveln und die Galaxie zu beherrschen!

Nach nur zwei Schritten kommen die ersten Gegner und noch bevor ich meine erste Quest annehme habe ich ein LVL-up. Genial! Mich packt die Leidenschaft und ich spiele, und spiele, und spiele….und spiele. Recht schnell verstehe ich das System:

  1. Gehorche deinem Meister – solange er dir zu deinem Vorteil dient.
  2. Töte den, der dich töten will – definitiv vorteilhaft.
  3. Hintergehe, um Feinde und Konkurrenten zu schwächen – es geht nur um deinen Vorteil.

Ich folge diesen schnellen, selbst aufgestellten Regeln und es hagelt regelrecht dunkle Punkte. Ein konkurrierender Sithanwärter lockt mich in einen Hinterhalt und versucht mich zu töten, aber ich bin schneller. „Ich habe versagt, ich habe alles verloren wofür ich so hart gearbeitet habe.“, sind seine letzten Worte bevor ich ihn niederstrecke und lächelnd 100 dunkle Punkte einstreiche.

Kurz danach fällt mir ein was Gandalf zu Bilbo sagte: „Wahrer Mut bedeutet nicht, ein Leben nehmen zu können, sondern es zu bewahren.“ Sorry Kollege, falsche Galaxy! Mut? Bewahren statt nehmen? – lirum larum – „Durch Macht erlange ich den Sieg.“ Und lange wird es nicht mehr dauern, denn schon mit LVL 8 erhalte ich ein richtiges Lichtschwert – das müssen jetzt die metaphorischen Cookies sein, mit denen das Imperium ihr Unternehmen beworben hatte. Ach ja, und habe ich schon erwähnt, dass ich eine supercoole Begleitung habe?! … Nein? Na dann: Ich hab ne supercoole Begleitung. Quasi ne Dienerin. Abgefahren!

Als ich meine Spielsession beende bin ich schon LVL 11, besitze die dreifache Anzahl an dunklen Punkten mit dem Sith, wie Helle mit dem Jedi – und habe erst die Hälfte der Spielzeit des vorherigen Tages. Statt ausgelaugt zu sein, freue ich mich auf Fortsetzung.

Nichts hält mich davon ab, Recht zu schaf…oh, geil: cookies!

Nun ziehe ich aus diesen beiden Tagen also Bilanz und stelle erfreut fest, dass ich Trotz aller Bemühungen mit dem Sith auch 250 helle Punkte bekommen habe. Während des Spielens hatte ich mich immer darüber geärgert, weil ich sie nur bekam, wenn ich mich nicht an meine eigens dafür erstellten Regeln hielt. Stattdessen gab es Momente der Unachtsamkeit, in denen ich aus meinem sozial angehauchten RL-Bauchgefühl heraus entschied.

Wenn ich so mein Leben betrachte, dann gab es so manche Situation, in der ich mich fragte, warum ich an meinen Werten festhalten solle. Beispielsweise wenn man einen schlechten Tag hat und deswegen eine Klausur verkloppt, obwohl man dafür gelernt hat, nur um mitzubekommen, dass jemand, der nicht gelernt hat, durch Betrug zu einer guten Note und einem Lob des Lehrers kommt. Warum sollte ich mich an die Regeln halten, wenn sie von allen anderen Leuten ignoriert und zu persönlichem Vorteil ausgenutzt werden?

Ein „weißer Ritter“ zu sein, tugendhaft und bereit, für seine Sache zu sterben, scheint sich in dieser Welt nicht ansatzweise bezahlt zu machen. Lustigerweise drehen sich dennoch genau darum so viele Märchen und die Menschen träumen genau davon, dass sich die Tugendhaftigkeit eines Tages bezahlt macht und man aus der Masse der anderen Ritter herausstechen kann, weil man die Prinzessin retten konnte, da man der einzige war, der sich an die Regeln gehalten hat und dem der böse Drache deshalb schlussendlich unterlegen war… Boar, was ein Satz. Aber vielleicht zeigt sich hier eine der wichtigsten Lektionen, die man Lernen kann: Du bist selbst für dein Handeln verantwortlich, Andere für das Ihre. Verurteilen bringt dich nicht weiter. Anpassung bringt dich nicht weiter. Du bist für dich verantwortlich und der wahre Held in unserem Märchen glänzt doch durch seine Selbstlosigkeit. Das sind doch auch die wahren Helden in unserer Welt. Die Selbstlosen. Die Mutter und der Vater, die sich zurückstellen, weil sie das Wohl ihrer Kinder suchen. Der Chef und die Cheffin, die sich um das Wohl ihrer Angestellten kümmern. Die Freundin und der Freund, die alles stehen und liegen lassen, um in deiner Kriese für dich da zu sein.

Vielleicht sieht die Welt nur so finster aus, weil sich Selbstlosigkeit nicht selbst groß zu machen versucht und oftmals überhaupt erst rückblickend wahrgenommen wird. Aber vielleicht liegt genau dort ja auch die Stärke des Ritterhaften, sich an die Werte zu halten, die man als gut erkannt hat, einfach weil man sie als gut erkannt hat.
Vielleicht sind die Cookies der dunklen Seite tatsächlich die perfekte Metapher für kurzfristigen Profit. Und wenn dem so ist, dann wird auch deutlich, warum ich das Spiel als Jedi so anstrengend gefunden habe. Weil alle Helden durch Anstrengung gehen und sie nicht scheuen, einfach weil sie für sich wissen, dass es richtig ist. Und wenn sie Glück haben, tun sie das sogar leidenschaftlich, weil sie es nicht nur wissen, sondern in ihrem Herzen begriffen haben, dass dieses Handeln sie im Geheimen größer macht als den Größten der Öffentlichkeit.
Vielleicht haben die Helden begriffen, welch große Tragweite ihr Handeln haben kann. Dass selbst aus einem kurzzeitigem Nachteil ein großer Vorteil werden kann. Ja, vielleicht hatte der gute Gandalf tatsächlich Recht. Denn wenn Bilbo im „Hobbit“ Gollum getötet hätte, so hätte dieser in „Der Herr der Ringe“ Frodo und Sam nicht zum Schicksalsberg führen können.

Mit Mittelerde verbindet mich übrigens ebenfalls eine tiefe Liebe – aber das ist eine andere Geschichte…


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2 Meinungen zu “Von Keksen und Helden

  1. Ich bin Deinen Gedanken aufmerksam gefolgt und stimme Dir zu.
    Vieles zeigt uns die Literatur, zum Bsp. Tolkiens Werke.
    Die Umsetzung dessen, was uns wichtig ist, wird immer eine Herausforderung sein.
    Wie es Rede und Gegenrede gibt, so gibt es Handlungen die zum Widerstand führen und solche, die auf Zustimmung stoßen.
    Was unsere Motive und die Bedingungen unseres Tuns betrifft, sind wir allerdings zur Rechenschaft vor uns selbst, unserem Nächsten und unserem Ethos (für Christen die Trinität) verpflichtet, wenn wir das menschliche Antlitz nicht verraten, was leider zu häufig geschieht.

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